(Köln, den 19. Juli 2023) Im letzten Jahr sind im Regierungsbezirk Köln (Köln und Leverkusen) 76 Menschen in Verbindung mit dem Konsum illegalisierter Drogen verstorben. „Dies sind 6 Menschen weniger als 2021 und immer noch 76 Menschenleben zu viel,“ sagt Oliver Schubert Geschäftsführer der Aidshilfe Köln. Deutschlandweit verstarben 1990 Menschen im Jahr 2022.

„Stoppt die Kriminalisierung drogengebrauchender Menschen, stoppt die Prohibition“ fordert Torsten Zelgert von JES NRW, „die Prohibition ist gescheitert!“ Als Selbstvertreter ist JES NRW den Aidshilfen seit jeher eng verbunden. JES NRW stellt dabei ebenfalls die Forderungen am Ende dieser Pressemitteilung in den Mittelpunkt.

Zu den Verstorbenen zählen Menschen, die infolge einer Überdosis, Langzeitkonsum, durch Selbsttötung aus Verzweiflung, unter Einwirkung von Entzugserscheinungen oder durch einen Unfall unter Drogeneinfluss ums Leben gekommen sind. Bei den Verstorbenen handelt es sich um 62 Männer und 14 Frauen aller Altersklassen mit einem durchschnittlichen Alter von gerade einmal 44 Lebensjahren.

Die Aidshilfe Köln macht im Rahmen des diesjährigen Gedenktages für verstorbene Drogengebraucher:innen auf diese Situation erneut mit einer Kunstinstallation aufmerksam: Vor dem Eingang zum Café Bach an der Haltestelle Heumarkt werden 76 Grablichter sowie eine Infotafel platziert.

„Durch die plastische Darstellung wollen wir den Vorbeigehenden zeigen, dass jedes Grablicht für eine Geschichte steht. Hinter jeder Geschichte stehen trauernde Familien und/ oder Freund:innen. Ein Teil dieser Todesfälle wäre durch Unterstützungsangebote vermeidbar gewesen. Wir haben schon jetzt ein breites Spektrum an unterschiedlichen Angeboten und dennoch reichen die Plätze und Kapazitäten nicht aus. Dabei gilt auch für unsere Angebote: Nicht alles, was wir anbieten, wird refinanziert. Die Leidtragenden sind die Konsument:innen. Auch darauf möchten wir mit unserer Aktion hinweisen“, sagt Marcus Lauterborn aus dem Team Konsum und Rausch der Aidshilfe Köln.

Die Aidshilfe Köln steht grundsätzlich für eine lebensstilakzeptierende Haltung. Wir unterstützen konsumierende Menschen bedarfsgerecht mit vielfältigen Angeboten. Zu unseren Angeboten gehören: Begleitung von substituierten Menschen, ambulant betreutes Wohnen, Therapievermittlung, Nachsorge, Chemsex Beratung, Beratung bei selbstbestimmten, kontrolliertem Substanzkonsum, Informationen zu Harm Reduction, Naloxon Training, Hepatitis Beratung/Testung.

Mit diesen Angeboten konnten wir 2022 erneut mehr als 200 Menschen erreichen. Zudem konnten über den Spritzentausch 12.000 sterile Spritzen getauscht werden. Von 10 – 16 Uhr werden die Berater:innen Passant:innen an der KVB-Haltestelle Heumarkt informieren und für Gespräche bereitstehen.

Wir trauern um 36.000 Menschen, die Deutschlandweit an den Folgen von Substanzkonsum gestorben sind

Seit 1998 sind mehr als 36.000 Menschen an den Folgen des Konsums illegalisierter Drogen verstorben. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Illegalisierung des Konsums, da dadurch Zugänge zu lebensrettenden Maßnahmen erheblich erschwert wird. Daher unterstützt die Aidshilfe Köln zentrale Forderungen des Kooperationspartners JES auf Bundes- und Landesebene:

  • Substanzanalyse (Drug Checking) ermöglichen: durch Drug Checking können Konsument:innen ihre Substanz auf Verunreinigungen prüfen und so informierte Konsumentscheidungen treffen
  • Zugang zu Diamorphinbehandlungen erleichtern: Für die wenigen Diamorphinambulanzen gelten sehr hohe Hürden, um einen Zugang zu erhalten. Zugänge zu Diamorphinambulanzen ermöglichen kontrollierten Konsum, Harmreduction und Entkriminalisierung.
  • Bessere Rahmenbedingungen für Drogenkonsumräume: In den Drogenkonsumräumen wird eine extrem wichtige Arbeit geleistet. Die Öffnungszeiten in den aktuell betriebenen Konsumräumen werden aktuell angepasst. Gleichzeitig muss die finanzielle Förderung und die Arbeitsbedingungen in den Blick genommen werden, um gleichbleibend gutes Personal beschäftigen zu können.
  • Förderung von Naloxonprogrammen: Naloxon ist ein Notfallpräparat, welches im Drogennotfall Leben rettet. Naloxonschulungen und Naloxonabgabe muss staatlich gefördert und unterstützt werden.

Der Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende findet am 21. Juli zum 26. Mal statt. Der Gedenktag nutzt jedes Jahr die Möglichkeit, nicht nur auf das Schicksal der Konsumierenden, sondern auch der Angehörigen und Freund:innen aufmerksam zu machen. Jedes Jahr beteiligen sich über 400 Einrichtungen und Projekte in 90 Städten bundesweit an diesem Gedenktag.

Siehe dazu auch den Offenen Brief – Diskriminierungsfreie Eingliederungshilfe für Drogengebraucher:innen des Bundesverbandes akzept e.V., Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik.

Pressekontakt

Erik Sauer
Telefon: 0221 / 20203-43
sauer@aidshilfe-koeln.de