Schutz durch Therapie
Eine HIV-Therapie ermöglicht Menschen mit HIV ein gutes und langes Leben. Wenn HIV-positive Personen regelmäßig ihre Medikamente einnehmen, können sich ihre Sexpartner:innen nicht mehr bei ihnen anstecken.
Für die HIV-negativen Partner:innen bedeutet das: Beim Sex mit HIV-positiven Partner:innen schützt sie deren HIV-Therapie vor einer Übertragung des Virus.
Ja! Es ist eindeutig bewiesen, dass eine wirksame Therapie die Vermehrung von HIV so stark eindämmt, dass HIV selbst beim Sex ohne Kondom nicht mehr übertragen werden kann.
Bereits nach einiger Zeit wirken die HIV-Medikamente meist so gut, dass sich HIV durch Bluttests nicht mehr nachweisen lässt („Viruslast unter der Nachweisgrenze“). Eine Ansteckung beim Sex ist dann ausgeschlossen.
Man spricht somit vom Schutz durch Therapie oder auch n=n (nicht nachweisbar = nicht übertragbar).
Eine wirksame Behandlung unterdrückt die Vermehrung von HIV. Dann sind im Blut (und wenige Zeit später auch im Sperma, Anal- und Vaginalsekret sowie in den Schleimhäuten), so gut wie keine Viren mehr vorhanden. „Wirksame Behandlung“ heißt also:
- Der*Die HIV-positive Sexpartner:in hat seit mindestens sechs Monaten dauerhaft eine Viruslast unter der Nachweisgrenze.
- Er*Sie nimmt die Medikamente zuverlässig ein.
- Alle drei Monate Bluttests zur Absicherung in einer auf HIV-spezialisierten Arztpraxis.
Die Einnahme muss nicht minutengenau erfolgen, sondern verträgt durchaus gewisse Abweichungen. Wenn einzelne Tabletten mal später eingenommen oder vergessen werden, gefährdet das nicht gleich den gesamten Therapieerfolg. Setzt man die Einnahme aber häufiger oder über längere Zeit aus (z.B. über mehrere Tage oder Wochen), kann die Viruslast wieder steigen – und damit das Übertragungsrisiko.
Menschen mit HIV haben jedoch ein starkes eigenes Interesse daran, ihre Medikamente verlässlich einzunehmen, denn schließlich halten die Tabletten sie gesund.
In vielen Studien wurden Tausende von Paaren aus HIV-positiven und negativen Partner:innen über viele Jahre begleitet. In dieser Zeit hatten sie zigtausend mal Sex ohne Kondom. Trotzdem kam es dabei zu keiner HIV-Übertragung. Weltweit ist kein einziger Fall bekannt, bei dem es unter wirksamer Therapie zu einer Ansteckung mit HIV kam.
Egal ob jahrelange Partnerschaft oder Zufallsbekanntschaft aus dem Netz – der Schutz durch Therapie funktioniert zuverlässig, wenn die Bedingungen erfüllt sind.
HIV-Positive können das relativ einfach mit ihrem Arzt klären. Außerdem wissen sie selbst, wie sorgfältig sie ihre Pillen nehmen.
HIV-Negative müssen bei Gelegenheitspartner:innen den gemachten Aussagen vertrauen. Je genauer man sein Gegenüber kennt, umso leichter wird das in der Regel fallen.
Nein. Generell ist es zwar richtig, dass sexuell übertragbare Erkrankungen (STI) das Risiko einer HIV-Übertragung erhöhen können. In den Studien konnte aber gezeigt werden, dass STI bei einer wirksamen Therapie keinen Einfluss auf das Übertragungsrisiko hatten.
Wichtig: Wer Schutz durch Therapie praktiziert – egal ob HIV-negativ oder positiv – sollte sich regelmäßig auf andere Geschlechtskrankheiten checken lassen. HIV-Medikamente schützen nicht vor Tripper, Syphilis, Chlamydien und Co.
In der schlichten Gleichung „nicht nachweisbar = nicht übertragbar“ (n=n) steckt die beispiellose Möglichkeit das Zusammenleben von Menschen mit und ohne HIV grundlegend zu verändern. Denn schließlich ist wissenschaftlich bewiesen, dass der HIV-Status beim Sex keine Rolle mehr spielen muss. Sowohl für HIV-Positive als auch HIV-Negative ist es möglich, Sex ohne die Angst vor einer HIV-Übertragung erleben zu können. Auch und gerade miteinander.
Bei Menschen mit HIV kann dieses Wissen das Selbstbewusstsein erheblich stärken. Denn ein wesentlicher Grund herabgesetzt, abgewertet oder benachteiligt zu werden, fällt damit weg. Für viele ist dies ein wichtiger Schritt auf dem Weg, ohne Angst und Scham mit HIV zu leben.
Für unsere Gesellschaft ist n=n daher eine großartige Chance für noch mehr Normalität im Umgang miteinander, egal ob HIV-positiv, negativ oder ungetestet.