Was ist PrEP?
Prä-Expositions-Prophylaxe (kurz: PrEP) bedeutet in etwa „Schutz bevor man ein Risiko hat“. Bei einer PrEP nehmen HIV-negative Menschen ein HIV-Medikament ein, um sich so vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen: Wenn die Viren in den Körper kommen, ist das Medikament schon da – HIV kann sich nicht vermehren und nicht im Körper festsetzen.
Aber einfach nur „…ein paar Pillen schmeißen“ reicht nicht aus. Wer die PrEP anwendet, sollte sich vorher unbedingt gut informieren und ärztlichen Rat einholen. Begleitend sind einige Untersuchungen erforderlich und wenn man bei der Einnahme Fehler macht, wirkt die PrEP möglicherweise nicht.
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten der PrEP für Menschen mit erhöhtem Risiko, sich mit HIV anzustecken. Dazu zählen zum Beispiel:
- Schwule, Bisexuelle oder trans*Männer
- Partner:innen von Menschen mit HIV, bei denen die Vermehrung von HIV noch nicht vollständig durch Medikamente unterdrückt wird
- Menschen, die häufig Sex ohne Kondom mit Partner:innen aus den Hauptbetroffenengruppen haben
Wie werden wann welche Medikamente eingenommen?
In Deutschland sind derzeit (2020) lediglich das Medikament Truvada® und baugleiche Nachahmer-Präparate („Generika“) zur PrEP zugelassen. Die Kombi-Pille enthält gleich zwei Wirkstoffe (Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil), die HIV an der Vermehrung in den Körperzellen hindern. Es gibt zwei Varianten der Einnahme: Manche nehmen die Pillen täglich über einen langen Zeitraum ein. Andere nehmen sie kurzzeitig, beispielsweise für eine Sexparty oder einen Urlaub.
Die Verschreibung und medizinische Begleitung der PrEP findet in darauf spezialisierten ärztlichen Praxen statt. Vorab kann ein Beratungsgespräch in der Aidshilfe vereinbart werden, um persönliche Fragen rund um die PrEP zu klären und erste Informationen zu erhalten
Die tägliche PrEP ist besonders für Menschen empfehlenswert, die häufig und/oder sehr spontan Sex haben.
Bei einer dauerhaften PrEP nimmt man täglich eine Tablette über einen längeren Zeitraum ein. Man startet mit der Einnahme zwei Tage vor dem ersten Sex mit jeweils einer Tablette täglich. Nach dieser Zeit hat sich der HIV-Schutz aufgebaut. Auch nach dieser „Aufladephase“ wird täglich eine weitere Tablette eingenommen.
Wichtig: Wenn man mit der PrEP aufhören möchte, muss nach dem letzten Sex noch zwei Tage lang jeweils eine Tablette eingenommen werden.
Für Frauen und trans*(-Männer) gelten abweichende Auflade- und Ausschleichphasen (siehe weiter unten)!
Die PrEP bei Bedarf ist beispielsweise für Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, sinnvoll, die nicht so häufig, dafür aber planbarer Analsex ohne Kondom haben. Eine Variante, zum Beispiel für eine Sex-Party oder einen Urlaub.
Diese Form der PrEP ist allerdings nur für Männer die Sex mit Männern haben und heterosexuelle Männer möglich. Für Frauen und trans*(-Männer) ist diese Form der Einnahme nicht geeignet!
Bei einer anlassbezogenen PrEP nimmt man 2 bis 24 Stunden vor dem ersten Sex zwei PrEP-Tabletten gleichzeitig ein. Die Einnahme nur zwei Stunden vorher gilt allerdings als sehr knapp – das Medikament muss ja schließlich erst vom Magen über das Blut in die Schleimhäute gelangen. Daher ist es sicherer, ein paar Stunden früher bzw. eher in Richtung 24 Stunden vorher zu beginnen! An jedem weiteren Tag, an dem man Sex hat, wird eine weitere Tablette eingenommen.
Wenn man mit der PrEP aufhören möchte, muss man noch zwei Tage nach dem letzten Sex jeweils eine Tablette pro Tag einnehmen. Der Arzt oder die Ärztin kann aber auch eine längere Ausschleichphase empfehlen.
Für Frauen und trans*(-Männer), die neben Analsex auch Fronthole¹-Sex haben ist die PrEP bei Bedarf nicht geeignet!
Für die tägliche PrEP gelten folgende Besonderheiten:
- Die „Aufladephase“ dauert hier sieben Tage, mit je einer Tablette täglich.
- Danach weiter eine Tablette täglich.
- Nach dem letzten Fronthole¹-Sex noch mindestens sieben bis maximal 28 Tage je eine Tablette täglich.
- Die genaue Dauer besprichst du mit den behandelnden Ärzt:innen.
Für trans* Männer, die keinen Fronthole¹-Sex haben (also ausschließlich Analsex und Oralverkehr praktizieren) ist nach den Europäischen und den Deutsch-Österreichischen Leitlinien der ärztlichen Fachgesellschaften auch die anlassbezogene PrEP möglich.
Nach bisherigem Stand der Wissenschaft (2020) gibt es keine relevanten Wechselwirkungen der PrEP mit einer Hormonbehandlung.
¹Fronthole: („vorderes Loch“) Eine von vielen trans*-Männern gewählte Bezeichnung für das nicht operativ angeglichene Geschlechtsorgan.
Zur Schutzwirkung der PrEP kursieren unterschiedliche Zahlen. Unter anderem liegt das daran, dass es unterschiedliche Methoden gibt, eine Schutzwirkung zu „messen“ und zu beziffern.
Generell kann man zwischen zwei Sichtweisen unterscheiden:
- Medizinische Wirkung: Diese liegt bei der PrEP deutlich im oberen Bereich von 90 Prozent und gilt damit als sehr sicher. Einige Studien geben sogar einen Schutz von 99% an, was einem höheren Schutz entspricht als bei Kondomen.
- Gesamteffektivität: Hierbei werden grundsätzlich alle Teilnehmer der Studie erfasst, selbst wenn sie die PrEP nur unregelmäßig einnehmen oder gleich ganz abbrechen und sich deshalb mit HIV anstecken. Sinn und Zweck von Studien ist es nämlich auch, herauszufinden, wie gut es Menschen gelingt, die Pillen wie verordnet einzunehmen. In der PROUD- und der IPERGAY-Studie konnte jeweils eine Gesamteffektivität der PrEP von 86% ermittelt werden – ein erstaunlich guter Wert!
Die PrEP ist also so sicher, wie man sie macht! — Je gewissenhafter die Tabletten eingenommen werden, umso höher ist der Schutz.
Das Medikament Truvada® wird schon seit vielen Jahren erfolgreich zur Behandlung der HIV-Infektion eingesetzt: Mögliche Neben- und Wechselwirkungen sind daher – auch wenn man die Tabletten über viele Jahre täglich einnimmt – gut bekannt.
Die meisten Menschen vertragen die Truvada®-PrEP gut, spüren keine oder kaum Nebenwirkungen. Manche klagen zeitweise über Übelkeit, Durchfall, Kopf- Bauch- oder Gelenkschmerzen sowie Müdigkeit und Schlafstörungen. Häufig verschwinden anfängliche Begleiterscheinungen aber auch nach einer gewissen Eingewöhnungszeit.
PrEP und Niere
Die regelmäßige Einnahme der PrEP-Medikamente kann die Leistungsfähigkeit der Nieren verringern, was für „Nieren-Gesunde“ jedoch i.d.R. unproblematisch ist. Trotzdem muss dies vor Beginn der PrEP sowie durch regelmäßige Untersuchungen überprüft werden, ansonsten sind schwere Nierenschädigungen möglich. Bei einer Erkrankung der Niere oder bestehenden Risikofaktoren für eine verminderte Nierenleistung (z. B. Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“), Bluthochdruck oder Alter über 50 Jahren), sind unter Umständen engmaschigere Kontrollen notwendig.
PrEP über gesetzliche Krankenkassen
Seit dem 1. September 2019 übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für die PrEP-Tabletten und die dazugehörigen Untersuchungen. HIV-Schwerpunktpraxen (und andere geschulte Ärzt:innen) können die PrEP verschreiben und sie begleiten.
Bezahlt werden die Kosten der Tabletten sowie alle nötigen Begleituntersuchungen.
Die Kasse übernimmt die PrEP-Kosten für Menschen mit erhöhtem Risiko, sich mit HIV anzustecken. Darunter fallen zum Beispiel schwule oder trans*-Männer. Wenn man in der Vergangenheit Sex ohne Kondom hatte (oder zukünftig haben wird), kann das eine Begründung für die PrEP sein.
PrEP auf Privatrezept
Nicht alle privaten Krankenkassen übernehmen bisher die Kosten der PrEP. Es kann sich dennoch lohnen, die Rezepte bei der Krankenkasse für eine Kostenübernahme einzureichen.
Mit einem Privatrezept ist die Monatspackung (je nach Hersteller 28 oder 30 Tabletten) in jeder Apotheke ab rund 70 Euro erhältlich.
Ausgewählte Apotheken in einigen deutschen Städten bieten ein Generikum der Firma Hexal für rund 40 Euro pro 28 Tabletten an. Möglich wird dies durch eine besondere Form der Verpackung („Verblisterung“). Hierzu muss aber Folgendes zwingend auf dem Privatrezept verordnet werden: „PrEP; Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil; 28 Stück zur Verblisterung“. Nur so erhält man den günstigen Preis.
Private Abrechnung von PrEP-Kontrollen
Werden die PrEP-Untersuchungen privat in Rechnung gestellt, kann es richtig teuer werden. Sprich daher vorher mit der Ärztin/dem Arzt darüber, mit welchen Kosten für die Untersuchungen zu rechnen ist.
Tipp: In den Checkpoints und manchen Gesundheitsämtern kann man sich kostengünstig auf HIV und andere Sexuell übertragbare Erkrankungen („Geschlechtskrankheiten“) testen lassen, einige bieten sogar einen kompletten PrEP-Check an!
HIV
Vor dem Start, nach vier Wochen und anschließend alle 3 Monate wird ein HIV-Test durchgeführt: Wenn man schon HIV-infiziert ist oder sich trotz PrEP ansteckt (z. B., weil man die Medikamente nicht regelmäßig einnimmt), reichen die PrEP-Tabletten nicht zur Behandlung der HIV-Infektion aus und die Viren können unempfindlich (resistent) gegen dieses wichtige Medikament werden.
Hepatitis B
Auch hier muss abgeklärt werden, dass man nicht infiziert ist
. Da die PrEP-Wirkstoffe auch gegen Hepatitis B wirken, kann es ansonsten zu einem Wiederaufflammen der Hepatitis kommen, wenn die PrEP abgesetzt wird. Sollte eine chronische Hepatitis B festgestellt werden, ist nur die tägliche Einnahme der PrEP-Medikamente möglich.
Übrigens: Gegen Hepatitis B (und auch Hepatitis A) kann man sich impfen lassen! Viele Krankenkassen übernehmen mittlerweile die Kosten, wenn man angibt wechselnde Sexualpartner:innen zu haben.
Nierenwerte
Die PrEP kann die Leistung der Nieren verringern. Wie oft die Nierenfunktion überprüft werden sollte, klärt man am besten mit den behandelnden Ärzt:innen. Empfohlen wird die Nierenkontrolle alle drei Monate. Sind die Nierenwerte bedenklich, muss die PrEP abgesetzt werden. Die Niere erholt sich danach wieder. Wenn man bereits ein schweres Nierenleiden hat, ist die PrEP keine geeignete Schutzmethode.
Andere sexuell übertragbare Erkrankungen (STI)
Empfohlen werden außerdem regelmäßige Tests auf sexuell übertragbare Infektionen, insbesondere Syphilis, Tripper und Chlamydien. Denn die PrEP schützt zwar zuverlässig vor einer HIV-Infektion, nicht aber vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Zusätzlich zur PrEP können auch Kondome verwendet werden, um das Risiko einer Ansteckung mit einer „Geschlechtskrankheit“ zu senken.
Grundsätzlich spricht bei einer HIV-negativen Person nichts gegen die Einnahme der PrEP. Mögliche gesundheitliche Risiken (z. B. bei einer Vorerkrankung der Nieren oder einer bestehenden Hepatitis B) sollten aber im ärztlichen Gespräch vor Beginn abgeklärt werden.
Die Durchführung der PrEP erfordert Disziplin und vorrausschauende Planung. Das fängt einerseits mit der verlässlichen Einnahme der Medikamente und der Organisation des Nachschubs an. Andererseits gilt dies auch für die regelmäßigen Tests auf HIV und Sexuell übertragbare Erkrankungen sowie die weiteren begleitenden Untersuchungen.
Wir empfehlen daher, sich vor dem Start der PrEP ausführlich zu informieren und beraten zu lassen. Die Durchführung der PrEP sollte immer ärztlich begleitet werden. Eine PrEP auf eigene Faust durchzuführen, kann mit erheblichen Risiken verbunden sein.