(Köln, den 27. April 2023) Knapp 300 Menschen aus  Sport, Politik, Wirtschaft und Karneval haben  im Volkstheater am Rudolfplatz die Träger:innen des Jean-Claude-Letist-Preises gefeiert.  Moderatorin Erika Laste, das Weiblichste, was die Aidshilfe zu bieten hat, führte gewohnt locker und amüsant durch die Veranstaltung, die eigentlich schon 2020 anlässlich des 30. Todestages von Namensgeber Jean-Claude Letist stattfinden sollte. Doch Corona machte der Lebenshaus-Stiftung, die für die Aidshilfe Köln die Veranstaltung durchführte, mehrfach einen Strich durch die Rechnung.

Um Punkt 19 Uhr war es dann endlich soweit. Erika Laste betrat die Bühne und eröffnete die Veranstaltung zur Verleihung des diesjährigen Jean-Claude-Letist-Preises. Nach der Vorstandsbegrüßung heizte Marcella Rockefeller mit ihrer Interpretation des Rosenstolz-Klassikers „Liebe ist alles“ erstmals den Gästen ein. Später folgte noch die Live-Premiere ihres neuen Songs „Liebe ist kein Einzelfall“ sowie zum Abschluss das Lied „Original“.

Erstmals zwei Preisträger:innen

Nachdem es 2015 mit Conchita Wurst und 2017 mit der Bundesinteressenvertretung Schwuler Senioren (BISS) jeweils einen Preisträger gab, waren es 2023 erstmals zwei Preisträger:innen. Der Vorstand entschied sich 2019, den Jean-Claude-Letist-Preis an das Team der Schnittchen-Sitzung und die Verantwortlichen des SC Janus für Sportangebote für Lesben zu vergeben.

Karneval und Sport sind nicht nur in Köln häufig Männer-Domänen. Gesetzliche Gleichstellung ist aber nur alltagstauglich, wenn sie in allen Bereichen selbstverständlich gelebt wird, also auch in Karneval und Sport.

Die Schnittchen – mehr als Karneval

Mit der Auszeichnung soll das ehrenamtliche Engagement von lesbischen Frauen gewürdigt werden, die seit vielen Jahren mit der Schnittchen-Sitzung den Kölner Karneval bereichern und mit meist politischen und großartig umgesetzten Beiträgen einen anderen Blick auf gesellschaftliche Fragen ermöglichen. Verantwortlich für die Sitzung ist der Verein „Die Schnittchen – mehr als Karneval“. Der Verein ist ein Zusammenschluss lesbischer Frauen. Er verfolgt das Ziel, die Besonderheiten lesbischer Karnevalskultur und das rheinische Brauchtum in Köln zu fördern, um die kulturelle und soziale Landschaft in Köln zu bereichern. Lesben sind Teil der queeren Vielfalt in Köln und somit unverzichtbarer Teil der Bürgergesellschaft, so die Begründung im Beschluss des Vorstandes der Aidshilfe Köln.

„Lesben gehen zum Lachen in den Keller. Diesem wenig schmeichelhaften Klischee wollten wir etwas entgegensetzen und haben 2006 die Schnittchen-Sitzung gegründet. Unser Plan war, politische, kulturelle, soziale Themen aus Frauen- und Lesbensicht zu beleuchten und das mit kölschem Humor und mit maximaler Selbstironie. Aus dem Experiment ist die einzige alternative lesbische Karnevalssitzung Deutschlands geworden, die jetzt schon im 18. Jahr läuft und ein immer größeres und vielfältigeres Publikum anzieht. Wir freuen uns riesig, dass unser Frauen-Gemeinschaftswerk ‚Die Schnittchen-Sitzung‘ durch den Jean-Claude-Letist-Preis eine solche Anerkennung in der Community bekommt.“ Karolin Baszar, Vorstandsfrau Die Schnittchen – mehr als Karneval e.V..

Den Preis an die Schnittchen überreichte Fabienne Stordiau, die seit vielen Jahren die Veranstaltung unterstützt und jedes Jahr eine begeisterte Besucherin der Veranstaltung ist.

Hannes Helmke gestaltet Preis-Bronze

Nachdem der Kölner Künstler und Bildhauer Hannes Helmke bereits die Preise 2015 und 2017 für Conchita Wurst und BISS e.V. gestaltet hatte, hat er auch diesmal die Statur gestiftet. Die diesjährige Preis-Bronze ist angelehnt an die Preisträger:innen. Sie zeigt eine Frau mit ausgebreiteten Armen und trägt den Titel Frau im Wind.

SC Janus – 40 Jahre lesbische Sichtbarkeit 

Mit 80 Sportangeboten aus 40 Sportarten ist der SC Janus e.V. der größte queere Sportverein in Europa und zweite Preisträger:in. Der Vorstand der Aidshilfe Köln unterstützt nicht zuletzt mit der Auswahl der Preisträger:innen 2020 das Ziel der Stadtarbeitsgemeinschaft Queerpolitik (AG), das Engagement von Lesben in der Stadtgesellschaft sichtbarer zu machen. Deswegen wurden  ganz im Sinne von Jean-Claude für das Jahr 2023 bewusst Frauen als Preisträger:innen ausgewählt. Ihr Einsatz soll so herausgestellt werden. Gleichzeitig ist das auch ein Zeichen des Dankes für ein Engagement über Jahre und Jahrzehnte und dient als Beitrag für mehr Sichtbarkeit von lesbischen Lebenswelten in der Stadtgesellschaft. Da passt es, dass die Veranstaltung zeitlich genau in die internationale Woche der lesbischen Sichtbarkeit fällt. Die Laudatio für den SC Janus hielt die Leiterin des Amtes für Integration und Vielfalt der Stadt Köln Bettina Baum.

„Der Jean-Claude-Letist-Preis wird dieses Jahr ganz bewusst an die ehrenamtlich Aktiven der lesbischen Sportangebote des SC Janus e.V. verliehen. Ich freue mich sehr über diese Entscheidung der Jury. Es ist ein wichtiger Beitrag für mehr Sichtbarkeit von lesbischen Lebenswelten und das weibliche Ehrenamt in der Kölner Stadtgesellschaft.“

Der SC Janus fühlt sich geehrt und dankbar, diesen Preis der Aidshilfe für das Engagement lesbischer Sichtbarkeit im Sport und Stadtbild entgegenzunehmen. Seit über 40 Jahren bietet der SC Janus ein sicheres Zuhause für lesbische Frauen im Sport und fördert die Sichtbarkeit und Akzeptanz von LGBT und queeren Personen in der Gesellschaft. Jean-Claude Letist hat sich herausragend für Gleichberechtigung und Menschenrechte eingesetzt. Seit Gründung 1980 haben im SC Janus viele hunderte, wahrscheinlich tausende Menschen geholfen, diese Ziele im, mit und durch den Sport zu leben und zu fördern.

Es ist eine Tatsache, dass queere Personen immer noch mit Diskriminierung, Vorurteilen und Gewalt konfrontiert sind. Und der Sport ist da keine Ausnahme. Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, dass Sportvereine wie der SC Janus, die sich für die Rechte und Freiheiten aller Menschen einsetzen, gewürdigt werden.

Der SC Janus steht für Menschenrechte, Frauenrechte und die Rechte der queeren Community. Wir glauben, dass jeder Mensch das Recht hat, frei von Diskriminierung, Hass und Intoleranz zu leben und Sport zu treiben, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder anderen Merkmalen.

Unser Sportverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, allen Menschen ein sicheres Umfeld zu bieten, in dem sie ihre sportlichen Fähigkeiten entfalten und sich selbst verwirklichen können. Wir sind stolz darauf, dass nicht nur Lesben, sondern auch schwule Männer, trans Personen, non-binäre Personen, bi-sexuelle Personen, inter Personen und alle queeren Menschen beim SC Janus ein sportliches Zuhause finden können.

Wir werden uns auch weiterhin für die Sichtbarkeit von Lesben im Sport und für die Rechte aller queeren Personen einsetzen. Wir hoffen, dass diese Auszeichnung dazu beitragen wird, die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung von Vielfalt und Inklusion im Sport zu lenken und andere Sportvereine dazu zu ermutigen, unserem Beispiel zu folgen. SC Janus – mehr als Sport“, so Andrea Löwe, Vorsitzende SC Janus.

Vielen Dank an alle Unterstützer:innen

Die Aidshilfe Köln bedankt sich bei allen Sponsor:innen der Veranstaltung wie allround Team, REWE Di.to, Hörlounge, Schamong Kaffee, Phoenix Sauna, Paradies Apotheke, GAG und SK-Office. Für alle war schnell klar, dass sie bei der Umsetzung der Veranstaltung helfen wollen.

„Wir als SK-Office Deutschland GmbH schätzen und bewahren die Werte von Gleichheit, Diversität und Weltoffenheit. Es ist wichtig, für solche Werte einzustehen und diese zu supporten. Daher versuchen wir vieles, um diese Themen sichtbar zu machen und diejenigen zu unterstützen, die das gleiche Ziel anstreben“, so Mark Müller von SK Office.

Jean-Claude-Letist-Preis:

Der Preis ist nach einem Gründungsmitglied des Aidshilfe Köln e.V. benannt. Jean-Claude Letist war Belgier, lebte als offen schwuler Mann in Köln und war von Jugend an in der Schwulenbewegung aktiv. Neben seinem Engagement in Deutschland galt sein vehementer Einsatz für Gleichberechtigung und Menschenrechte im Rahmen der International Gay und Lesbian Association (ILGA) als bemerkenswert.

Der Preis zeichnet Menschen aus, die sich in außergewöhnlicher Weise im Sinne der Ideale des Namensgebers engagiert haben. Jean-Claudes Motivation entsprang stets der Vorstellung, dass Lesben und Schwule sich für ihre eigenen Interessen einsetzen und diese durchsetzen müssen, wie er das ebenso von Menschen mit HIV und Aids und deren jeweiligen Interessenvertretungen erwartet hat. Nicht ohne Grund hat er sich in der ILGA ebenso engagiert wie in der Aidshilfebewegung. Der Jean-Claude-Letist-Preis ist daher immer auch ein politischer Preis.

Pressekontakt

Erik Sauer
Telefon: 0221 / 20203-43
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