71 Drogentote sind zu viel!
Um nahezu die Hälfte ist die Zahl der an Folgen von Drogenkonsum verstorbenen Menschen in Köln gestiegen. Die Organisatoren des Gedenktags für verstorbene Drogengebraucher:innen halten dies für ein alarmierendes Zeichen und sehen dringenden Handlungsbedarf. Um dies in das öffentliche Bewusstsein zu bringen und gleichzeitig die Bandbreite der aktuellen Hilfsangebote darzustellen, richtet ein breites Bündnis von Akteuren der Selbst-, Drogen- und Aidshilfe eine Veranstaltung auf dem Rudolfplatz aus.
Der Anstieg der offiziellen Zahl der Kölner Drogentoten von 51 (2017) auf 71 im Jahr 2018 stellt einen Zuwachs um annähernd 40 % dar. Die Suche nach den Ursachen lässt alle Akteure ratlos zurück. Fehlende gerichtsmedizinische und labortechnische Untersuchungen sind ein Grund dafür, dass auch die Fachleute lediglich spekulieren können. Der Versuch einer Analyse führt jedoch fast zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass die schon lange von der Politik beschlossenen Erweiterungen der Hilfsangebote schnellstmöglich umgesetzt werden müssen.
Der gestiegene Anteil an Obdachlosigkeit, das zunehmende Lebensalter der Konsument:innen sowie nach wie vor fehlende legale Konsummöglichkeiten sind nur einige der in Frage kommenden Ursachen für die hohe Zahl an Todesfällen. Eine zunehmende Perspektivlosigkeit bei den Drogengebraucher:innen aufgrund fehlender sinnstiftender Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten trägt sein Übriges dazu bei. Nicht zuletzt fehlt es ganz grundsätzlich -besonders für Menschen in Substitutionsbehandlung – an tagesstrukturierenden Angeboten.
Ein Teil der sich daraus ergebenden Bedarfe wurde erkannt und die politischen Beschlüsse werden mit Unterstützung der Verwaltung von den freien Trägern umgesetzt. Hier sind eine Weiterentwicklung und ein Ausbau des Hilfesystems in Gange. Gleichzeitig fehlt es aber auch noch an Angeboten, die sich direkt auf die Zahl der drogenbedingten Todesfällen auswirken könnten. Gerade „Drugchecking“ und ein stadtweites „Naloxon Take Home Programm“ werden in Köln nicht angeboten. Drugchecking würde die Möglichkeit für Konsument:innen bieten, ihre Drogen auf den Wirkstoffgehalt untersuchen zu lassen, und so unmittelbar versehentliche Überdosierungen vermeiden helfen. Die Vergabe von Naloxon, einem Gegenmittel bei Opiatüberdosierungen, in die Hände der Gebraucher:innen, gibt diesen, im Falle einer Überdosis von Freund:innen, Bekannten, Partner:innen usw. die Chance schnell, effektiv und hochwirksam Hilfe zu leisten und so ein Versterben der Person zu verhindern.
Was das Drogenhilfesystem jetzt schon an Möglichkeiten zur Unterstützung und Hilfe bietet, präsentieren die teilnehmenden Einrichtungen und Abteilungen während der Veranstaltung am 20. Juli auf dem Kölner Rudolfplatz. Da das ursprüngliche Datum (21.7.) dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, haben wir uns entschieden, ihn um einen Tag vorzuziehen. So erreichen wir am Samstag, den 20.7. in der Innenstadt mehr Leute, als es sonntags der Fall wäre.
Die Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes wird auf der Bühne eine Rede halten und in einer durch den Leiter des Sommerblutfestivals Rolf Emmerich moderierten Talkrunde kommen alle Mitveranstalter zu Wort. Vor der Gedenkrede durch den Pastor Andreas Hübner und den folgenden Gedenkaktionen wird das Drugland-Theater einen Beitrag leisten. Den musikalischen Rahmen bilden der Songwriter Daniel Sänger, der Liedermacher Rolly Brings und die VISION-eigene Latin-Bluesrock-Formation „Visions don’t lie“.
Alle Kölnerinnen und Kölner, die sich über die Arbeit des Drogenhilfesystems informieren wollen, sind herzlich eingeladen, am 20.07.2019 am Rudolfplatz vorbeizukommen und das kulinarische und kulturelle Programm des Gedenktags zu genießen.
Pressekontakt:
Marco Jesse
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