Seit knapp sechs Monaten ist Christoph Klaes neuer Leiter des Checkpoints der Aidshilfe Köln. Nachdem Felix Laue nach 18 Jahren die Aidshilfe verlassen hatte, hat der 38-Jährige die Leitung übernommen und zieht eine erste Bilanz. Geprägt waren die ersten Monate vor allem durch den Umzug des Test- und Beratungsangebots von der Pipinstraße zurück in die Beethovenstraße 1. Aber auch durch die Anpassung des Angebots, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden.

Da das Haus in der Pipinstraße kernsaniert wird, musste der Checkpoint im Juni zurück in die Beethovenstraße ziehen. Wie hat der Umzug funktioniert?

Christoph Klaes: Jeder, der schon einmal einen privaten Umzug gemacht hat, kann sich vorstellen, dass es kein Vergnügen ist, einen solchen Umzug zu organisieren und durchzuführen. Man hat immer mehr als man braucht und mehr als man denkt und so war es auch bei uns. Final haben wir aber alles gut gemanagt und sind gut im neuen/alten Haus angekommen.

Der Ablauf des Tests ist etwas anders als in der Pipinstraße, was hat sich geändert?

Christoph Klaes: Da wir in der Pipinstraße das Testangebot auf einer Etage hatten, mussten wir für die Beethovenstraße etwas umdenken. Hier laufen die Testabende auf zwei Etagen. Das hat aber mit einigen kleinen Umstrukturierungen sehr gut funktioniert und unsere Klient_innen nehmen den Test sehr gut an und fühlen sich, laut Feedback, sehr wohl bei uns. Mit dem Umzug konnten wir auch die Beratungs-, Arzt- und Warteräume neu gestalten, dass trägt zu einer entspannteren Atmosphäre bei. Der Sanierungsstau in der Pipinstraße war letztlich nicht mehr zu übersehen, daher war es Zeit für den Umzug. Rückblickend auf die letzten zwei Monate kann man sagen, Beratung und Test laufen in der Beethovenstraße absolut reibungslos.

Was sind die aktuellen Themen, die die Ratsuchenden beschäftigen?

Christoph Klaes: Die Themen sind vielfältig, daher muss man eine besonders schnelle Auffassungsgabe als Berater:in haben. Unsere Profession als Checkpoint/Aidshilfe ist es ja, über Sexualität zu reden. Selbstverständlich gehören hier auch medizinische Aspekte, wie etwa Ansteckungsrisiken und Behandlungsmöglichkeiten dazu. Was Aidshilfe besonders auszeichnet, ist ein niedrigschwelliger Zugang: Mit uns kann man reden, wie einem der sprichwörtliche Schnabel gewachsen ist. Und trotzdem erhält man fundierte und fachlich kompetente Antworten und Informationen. Das ist in kaum einem anderen Setting in dieser Form möglich.

Der Checkpoint in Köln richtet sich nicht nur an Schwule oder Männer, die mit Männern Sex haben, aber sie sind der überwiegende Teil, der den Checkpoint nutzt, oder?

Christoph Klaes: Für uns als Teil der Aidshilfe Köln war es wichtig, ein Angebot zu schaffen, das für alle Menschen offen ist. Es ist jedoch Fakt, dass Männer, die Sex mit Männern haben, in Deutschland die Hauptbetroffenengruppe sind. Aus diesem Grund ist es uns wichtig, diese Zielgruppe mit maßgeschneiderten Angeboten und dem nötigen Wissen und der nötigen Themensensibilität abzuholen. Vielleicht ist das der Grund, warum Männer, die Sex mit Männern haben, die größte Teilnehmergruppe unseres Angebots sind.

In der Presse war zuletzt zu lesen, dass ihr aktuell wegen der hohen Nachfrage viele Leute wegschicken müsst. Hat sich die Lage etwas entspannt?

Christoph Klaes: Wir können an einem Testabend nur eine bestimmte Anzahl Klient_innen annehmen. Andernfalls würde die Qualität der Beratungen darunter leiden und es würden Wartezeiten entstehen, die unzumutbar sind. Wir haben diesbezüglich alle Prozesse so weit optimiert, wie es nur möglich ist, aber die Nachfrage ist für den aktuellen Umfang des Angebots zu groß. Wir bemühen uns die Kapazitäten aufzustocken, das geht aber nur durch zusätzliche Mittel und daran arbeiten wir. Um das Testprojekt weiter ausbauen zu können, sind wir auf Spenden angewiesen, da sich das Angebot aus den zugesicherten Mitteln nicht refinanzieren lässt.

Wieso ist das so? Ihr bewerbt das Angebot ja kaum und trotzdem rennen euch die Leute die Bude ein?

Christoph Klaes: Ich glaube, das ist neben dem Bedarf, der dadurch sichtbar wird, auch ein gutes Zeichen für unsere Arbeit. Unser Team, egal ob am Empfang, in der Beratung oder im Arztzimmer, ist ständig bemüht, unseren Klient_innen eine „Wohlfühlatmosphäre“ zu schaffen. Das ist gerade bei so sensiblen Themen wie Sexualität und Gesundheit enorm wichtig. Ich denke, die Menschen spüren, dass wir unseren Job sehr ernst nehmen und sehr gerne machen.

Während des CSDs habt ihr Spenden gesammelt, von den 30.000 benötigten Euro sind 10.000 Euro zusammengekommen. Was macht ihr, um die Wartezeiten zu verringern, denn damit könnt ihr noch keinen zusätzlichen Tag anbieten?

Christoph Klaes: Erstmal möchte ich mich im Namen des gesamten Checkpoints und der Aidshilfe bei der Community herzlich bedanken! Auch wenn wir 30.000 € benötigen, finde ich die Summe von 10.000 € enorm und lange nicht selbstverständlich. Wir werden auch weiterhin versuchen, Spenden zu akquirieren, um das Testangebot Schritt für Schritt auszubauen. Da momentan nicht die komplette Summe zu Verfügung steht, können wir dauerhaft keinen regulären zusätzlichen Testabend anbieten. Es wird aber vereinzelte Sonderöffnungen geben, um bestehende Überhänge zu bewältigen.

Bevor du die Leitung des Checkpoints übernommen hast, warst du als Vor-Ort-Arbeiter in der Szene unterwegs. Wie hat sich dein Job jetzt verändert und vermisst du die Touren durch die Kneipen, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen?

Christoph Klaes: Ich habe, ehrlich gesagt, nicht viel Zeit darüber nachzudenken. Neuer Job, neue Herausforderungen und da ich mich mit dem Thema sexuelle Gesundheit seit Beginn meiner beruflichen Tätigkeit beschäftige, bin ich ja auf gewohntem Terrain unterwegs. Für mich ist es aber enorm wichtig, den Bezug zur Szene beizubehalten. Daher mache ich die ein oder andere Vor-Ort-Tour in die Szene bewusst mit. Gerade Präventionisten aus Städten mit einer schwächeren Struktur als der Kölner Szenelandschaft können nachvollziehen, warum für mich dieser Bezug ein enormer Mehrwert ist. Es ist der direkte Kontakt in die Zielgruppe und dieser Kontakt ist für beinahe jeden reflektiven und entstehenden Prozess meiner Arbeit wichtig.

Was wünschst du dir für das nächste halbe Jahr? Was sind die Themen, die du anstoßen willst?

Christoph Klaes: Ich würde mir wünschen, wir könnten allen Menschen, die unser Angebot nutzen wollen, die Möglichkeit geben, dies auch zu tun. Egal wie die Lösung dazu aussieht, ob ein weiterer geöffneter Abend oder gezielt geöffnete Abende oder ähnliches. Des Weiteren würde ich mir wünschen, dass sich generell mehr Menschen zu STI und HIV informieren und Angebote wie den Checkpoint dazu nutzen, ihr Risiko abzuwägen und eine individuell passende Schutzstrategie zu entwickeln. Ich erlebe im Alltag recht viel Halb- oder Unwissen, so dass es tatsächlich ein beruflicher Wunsch von mir ist, dass sich mehr Menschen informieren und dafür auch die Möglichkeiten geschaffen werden.

Checkpoint der Aidshilfe Köln: 

Von montags bis donnerstags können sich Menschen aus Köln und der Region auf HIV und andere STI (sexuell übertragbare Infektionen) beraten und testen lassen. Der Test ist anonym, man braucht keinen Termin. In der Zeit von 18:30-21:30 Uhr ist der Checkpoint der Aidshilfe Köln in der Beethovenstraße 1 geöffnet.